Dienstag, 7. Dezember 2010

Auf in die Sommerferien!

Die letzten Tage waren erfüllt von Ferienstimmung, denn die großen Sommerferien stehen bevor. Im Grunde begannen diese schon vor zwei Wochen langsam und schleichend, was sich daran zeigte, dass kontinuierlich weniger Kinder zum Unterricht erschienen und wir Lehrer somit zunehmend mehr Freizeit hatten. (Die Kinder waren natürlich alle „busy“, da sie für ihre Exams lernen mussten.... na sicher!) Die Tage wurden immer entspannter und ich kam häufiger dazu, einfach ein bisschen „just for fun“ gemeinsam mit anderen Musik zu machen, Freistunden ganz entspannt mit Nichstun und netten Unterhaltungen zu genießen oder verschiedene Instrumente auszuprobieren. Auch wenn es in diesem Stil meinetwegen noch eine Weile hätte weitergehen können, wurde es für die Ferien doch langsam auch Zeit. Irgendwie habe ich das Gefühl, diese dringend nötig zu haben und mir auch wirklich verdient zu haben. Auch wenn die Arbeit Spaß macht, brauche ich nun auch eine Pause, um nächstes Jahr wieder mit neuer Motivation anzufangen.

Der genaue Termin für den Beginn sowie das Ende der Ferien sind übrigens, wie gehört habe, jedes Jahr wieder Anlass für große Diskussionen. Offiziell schließen die Schulen am 8.Dezember, an dem es auch die Zeugnisse gibt. Für die Meisten. Ein Teil der Kinder hat diese jedoch schon heute erhalten. Es gibt auch Schüler, die seit zwei Wochen keine Schule mehr besuchen mit der Begründung: „At school we do nothing any more.“ Da für die älteren Klassen die Prüfungen stattfinden, sind die Lehrer anderweitig beschäftigt... Da kann man seine Zeit ja durchaus auch mit sinnvolleren Dingen verbringen. (Zum Beispiel können diese Kinder ja den Vormittag nutzen, um mein kürzlich erworbenes Fahrrad zu reparieren, was ich im Grunde ganz gut finde.) Da Einige ein paar Tage vor Ferienbeginn schon in den Urlaub fahren, beschließen wohl manche Schulen dann einfach spontan, eher zu schließen. Auch die Kommunalwahlen am letzten Novemberwochenende stellen in der Hinsicht ein Problem dar, da hierfür alle in ihre Heimatorte, die Meisten in den Norden, fahren müssen und ältere Schüler dafür frei bekommen. Da stellt sich dann die Frage, ob es sich für die paar Tage überhaupt noch lohnt, zurück zu fahren und den Unterricht zu besuchen... All dies sorgt wohl jährlich für ein riesiges Chaos, und auf die Frage, wann denn die Ferien anfangen, antwortet jeder etwas anderes oder sagt nur: „Mal sehn.“ -Etwas, was in Deutschland unvorstellbar wäre.

Wie verbringt man nun die großen sechswöchigen Sommerferien? Die meisten Menschen hier sind Ovambos und kommen aus dem Norden des Landes. Über Weihnachten fahren sie also nach Hause zu ihren Familien nach Ovamboland, wo sie auch bei der Ernte helfen. Ein Großteil der Leute ist also in den Ferien nicht hier und ich frage mich, ob es in Tsumeb dann wohl deutlich ruhiger sein wird. Das wird sich zeigen.
Für uns geht es zunächst jedoch weiter mit der Musik und dem APC. Am Donnerstag werden wir mit einer Gruppe Lehrer und Schüler nach Swakopmund zu der jährlich stattfinden Musikwoche fahren, die wohl von Deutschen geleitet wird und somit ziemlich deutsch sein soll. Neun Tage lang unter professioneller Leitung (!) in einem Orchester spielen und mich zur Abwechslung endlich einmal wieder selbst unterrichten zu lassen (sogar einen Flügel soll es geben), das wird sicher herrlich. Auf die Stadt bin ich sehr gespannt, da ich über deren deutschen Stil schon sehr unterschiedliche Meinungen gehört habe. Auf jeden Fall dürfte das Klima angenehm kühl werden.

Für mich ist es seltsam, dass Weihnachten in den Sommerferien liegt und die Adventszeit in diesem Jahr völlig untergeht. Der einzige Hinweis darauf sind die Kitsch-Weihnachtsmänner und Christbaumkugeln im Supermarkt sowie mein Adventskalender, was jedoch Winter, Schnee und Weihnachskekse auch nicht ersetzen kann. Wenn ich darüber nachdenke bekomme ich zugegebenermaßen schon ein wenig Heimweh. Vieles wird wohl ganz anders sein in diesem Jahr... Weihnachtkerzen legt man in Salzwasser ein und lagert sie eine Weile im Gefrierfach, wie ich erfahren habe, damit sie Heilig Abend nicht völlig zerlaufen und sich verbiegen.
Ein Weihnachten am Strand hat kann jedoch auch nicht jeder vorweisen, das ist tatsächlich etwas völlig anderes. Ich werde dieses mit vielen anderen Freiwilligen in Swakopmund verbringen und in der Sonne sitzend halb wehmütig halb schadenfroh an euch alle im kalten verschneiten Deutschland denken. Vielleicht ist es bei den gemäßigten Temperaturen dort sogar möglich, Weihnachtsschokolade zu essen, bevor diese sich verflüssigt hat...

Über Silvester ist eine Tour nach Kapstadt, Südafrika geplant, wo es sich sicherlich schön feiern lässt. Nach dem anschließenden Zwischenseminar vom deutschen Entwicklungsdienst in Windhoek sind die Ferien auch schon wieder vorbei. Immerhin ist eines ganz wie zu Hause: Die Ferien sind schon im Voraus völlig ausgeplant.

(Die zahlreichen Weihnachtsbriefe an mich solltet ihr übrigens nun so langsam abschicken, damit sie mich rechtzeitig erreichen.^^ Zur Erinnerung die Adresse: APC, PO: 223, Tsumeb, Namibia)

Ich wünsche euch allen noch eine schöne und hoffentlich nicht zu stressige Adventszeit!

Sonntag, 28. November 2010

Regengeschichten

Monatelang klagte man hier über Hitze und Trockenheit, seit Mai war kein Regen mehr gefallen, jetzt regnet es beinahe jeden Tag. Ständig ist der Himmel wolkenverhangen und die vorher vertrocknete Buschlandschaft wird plötzlich immer grüner. 


Es kommt immer häufiger vor, dass ich morgens aufwache und feststelle, dass es heute sogar angebracht wäre, mit festen Schuhen und langer Hose aus dem Haus zu gehen. Dass es im Laufe des Tages dafür dann doch bald zu warm wird, spielt dabei keine Rolle. Ohne Frage, das Wetter ist herrlich. Gehe ich an einem völlig nasskalt verregneten Tag morgens zur Arbeit, so höre ich von den Menschen, die ich treffe als erstes sagen: „What a nice weather today!“ In Deutschland hätte man sich an einem solchen Tag über die Kälte und Nässe beschwert. Hier jedoch ist es wunderbar, tatsächlich einmal eine Jacke tragen zu können.
Dass der ständige Regen in vieler Hinsicht jedoch Probleme bereitet, kann man auch immer wieder feststellen.
Die Tour nach Otjiwarongo und zurück am letzten Freitag war dementsprechend abenteuerlich. Morgens brachen wir bei Sonnenschein zu viert mit dem Auto auf, zunehmend zeigten sich jedoch dunkle Wolken bis es nach einer Stunde Fahrt heftig zu regnen begann. Das allein sollte normalerweise kein Problem darstellen, solange die Scheibenwischer so funktionieren, wie es sich gehört. Beinahe erwartungsgemäß ist dies natürlich nicht der Fall, sodass nach kurzer Zeit der rechte Frontscheibenwischer, also der auf der Fahrerseite, unterhalb der Scheibe verhakt ist. Auf diese Weise können wir unmöglich die Fahrt mit unseren 120km/h fortsetzen, halten also am Straßenrand, wobei das Autos noch halb auf der Fahrbahn steht und somit wenige Zentimeter Abstand zu den vorbeirasenden Fahrzeugen hat. Aussteigen, im strömenden Regen den Scheibenwischer wieder zurechtrücken und die Fahrt fortsetzen. Zwei Minuten später müssen wir feststellen, dass der Scheibenwischer nun nach außen abdriftet und inzwischen außerhalb der Frontscheibe feststeckt. Die Sicht ist nach vorne ist gleich Null, also wieder anhalten und das Problem beheben. Eine Weile funktioniert es, dann wiederholt sich die Prozedur. Auf diese Weise bewegen wir uns nun also im Stop-and-Go-Modus, mit Stopps im 2-Minuten-Takt vorwärts. Durch das Öffnen des Fensters auf der Fahrerseite kann dieser während der Fahrt mit einer Hand den Scheibenwischer daran hindern, nach rechts auszubrechen und versuchen, ihn in seine richtige Position zurück zu schieben. Dass das Auto dabei einen kleinen Bogen fährt, sobald er dem Scheibenwischer einen Stoß gibt, ist nicht weiter bedenklich. 

Regen, Regen...

Schätzungsweise nach dem zehnten Stopp kommt jemand auf die Idee, man könne doch die Schrauben etwas festdrehen und so das Problem eventuell lösen. Werkzeug haben wir natürlich keines dabei, stellen uns also auf die Straße, um die herannahenden Fahrzeuge um Hilfe zu bitten. Die Meisten lassen sich dadurch jedoch nicht beeindrucken -warum denn die Geschwindigkeit zurücknehmen? Diese Verrückten werden schon aus dem Weg springen. Der Einzige, der schließlich anhält, ist ein weißer Bure in einem schicken Geländewagen, der sofort sein Multi-Tool auspackt und sich an unserem Auto zu schaffen macht. Der Erfolg ist grandios, wir können nun ganze drei Minuten ohne Unterbrechung fahren, bevor alles wieder beim Alten ist. Hat nicht jemand eine Schnur dabei, mit der man den Scheibenwischer festbinden könnte? Natürlich nicht. Sollen wir nicht lieber umdrehen und zurückfahren? -Da wir jedoch schon auf halbem Wege sind, gibt das wenig Sinn. Endlich kommen wir an eine Tankstelle, wo wir um geeignetes Werkzeug bitten und nun professionell ausgerüstet am Auto herumschrauben können. Der rechte Scheibenwischer ist nicht zu retten, wir tauschen ihn also schließlich einfach mit dem Linken aus, was gut zu funktionieren scheint. Das Problem ist gelöst, glücklicherweise werden wir es nun doch noch halbwegs rechtzeitig nach Otjiwarongo schaffen. Dass sich der nun linke, nicht mehr funktionstüchtige Scheibenwischer allerdings mit dem anderen verhakt, konnte ja keiner ahnen. Ich als Beifahrer versuche also durch das offene Fenster diesen auf der linken Seite festzuhalten, wobei mir langsam aber sicher die Hand abzufrieren droht. -Eine Lösung findet sich schließlich, indem wir den defekten Scheibenwischer einfach nach unten biegen und damit vollständig außer Gefecht setzen. Nach einer etwa dreistündigen, ereignisreichen Fahrt erreichen wir unser Ziel, hier ist von Regen natürlich weit und breit keine Spur.
Die Rückfahrt verläuft weitgehend ohne Zwischenfälle. Auf halbem Wege bekommen wir einen Anruf aus Tsumeb, wo es scheinbar einen Gewitterguss in einem Ausmaß gegeben hat, wie nie zuvor. (Oder wie Isai es ausdrückte: „The rain was visiting us.“ -Na dann richte ihm doch mal schöne Grüße von uns aus.) Das APC stehe unter Wasser, das Dach sei an zwei Stellen eingebrochen und der Unterricht falle heute vollständig aus. Na, wunderbar.
Wir fahren einer dunklen Wolkenwand entgegen, während hinter uns die Sonne scheint. So schlimm die Ausmaße des Unwetters sein mögen, diese Gewitteratmosphäre ist faszinierend.

Dem Regen entgegen

In Tsumeb angekommen sehen wir uns den Schaden an. Das Wasser, welches 20cm hoch in der Küche gestanden haben soll, ist inzwischen aufgewischt. Die Instrumente konnten glücklicherweise gerettet werden und das Dach, welches tatsächlich schlimm beschädigt aussieht, wird schnellstmöglich repariert. Die eigentliche Katastrophe haben wir also verpasst.

Am nächsten Tag findet das Graduation-Concert statt, das letzte Konzert diesen Jahres, in dem die Schüler, welche einen Test bestanden haben, auftreten und anschließend offiziell ihre Certificates überreicht bekommen. Seit mittags sieht der Himmel schon nach Regen aus, unsere Hoffnungen auf einen freien Abend erfüllen sich jedoch nicht, denn es bleibt vorläufig trocken. (Da das die Zuschauer unter freiem Himmel sitzen und lediglich die Bühne überdacht ist, sind solche Veranstaltungen sehr wetterabhängig.) Die Stimmung während des Konzertes ist dennoch herrlich, da der Himmel pausenlos von Blitzen erhellt wird, was in der Dunkelheit sehr eindrücklich ist. Ein starker Wind kündigt jedoch nach der Pause den kommenden Gewitterguss an während man den nahenden Regen beinahe fühlen kann. Sehr inoffiziell werden nun in aller Eile den restlichen Schülern im Schnellverfahren ihre Urkunden überreicht während sich die Bankreihen plötzlich schlagartig leeren und ein Großteil des Publikums hektisch das Gelände verlässt, um vor dem Wolkenbruch zu Hause zu sein. Nur der harte Kern bleibt da, um die Bühne abzuräumen, Instrumente und Technik in Sicherheit zu bringen. Bald fängt es zu regnen an, wir beeilen uns mit dem Aufräumen, halten einen Regenschirm über technische Geräte, während diese transportiert werden. Inzwischen gewittert es heftig und alle verbleibenden Schüler und Lehrer versammeln sich in der Küche, bei dem Wetter kann man unmöglich nach Hause laufen. Lis wird alle mit dem Auto nach Hause fahren. Wir bewegen uns also durch den Regen zum Ausgang, als es plötzlich stockdunkel wird. Stomausfall, ganz Tsumeb hat kein Licht mehr, sodass man kaum noch die Hand vor den Augen sehen kann. Glücklicherweise wird die Nacht regelmäßig von starken Blitzen erhellt, sodass eine Orientierung halbwegs möglich ist. Die Dunkelheit hält an und wir stehen auf der Straße während wir darauf warten, dass Lis mit dem Auto kommt. Anhand der Stimmen kann ich ungefähr ausmachen, wer die Menschen um mich herum sind. „Bei uns im Norden ist es nachts immer so dunkel. Darum können wir Ovambo uns auch so orientieren. Ich könnte dir auch jetzt noch sagen, welche Farbe das T-shirt hat, das du trägst.“ Das glaube ich dem Schüler, der mir das erzählt sofort, auch wenn mir das selbst unbegreiflich ist. Denn ich sehe nichts. Absolut nichts.
Lis´Auto ist für 8 Personen ausgelegt, es ist also kein Problem, alle 24 Leute darin unterzubringen. Zwar ist es etwas eng, dafür aber umso lustiger. Die Nacht ist vollkommen schwarz, vor uns fährt ein Auto ohne Scheinwerfer. Die Tour durch Tsumeb, bei Jeder einzeln nach Hause gebracht wird, ist abenteuerlich. Mir ist es nach wie vor ein Rätsel, wie man sich im Dunkeln, bei stömendem Regen und nach wie vor defektem Scheibenwischer sowie durch die vielen Menschen völlig beschlagenen Scheiben auf hügeligen Schotterpisten, die teilweise zu Bächen geworden waren, zurechtfinden kann. Wir fahren durch die Location, soviel verstehe ich. Immer wieder ruft jemand „turn left“ , „turn right.“ oder „stop here.“und ich frage mich, wie die Leute denn wissen konnten, wo sie sich überhaupt befinden. Im Nachhinein hätte ich nicht einmal mehr sagen können, wo wir eigentlich langgefahren sind, in welche Richtung überhaupt...
Schließlich werde auch ich sicher zu Hause abgeliefert, wo ich mich glücklich schätze, eine Taschenlampe mit Handbetrieb zu besitzen. Im Bett liegend lausche ich dem anhaltenden Regen, bis gegen 12 Uhr plötzlich schlagartig alle Lichter wieder angehen. Wie gut, dass ich somit nicht im Dunkeln schlafen muss.

Montag, 22. November 2010

Pirates of the APC

"Das mit diesem Orchesterwochenende wird doch sowieso nichts! Überlegt euch das gut, das wird für die Lehrer doch nur unheimlich anstrengend, die meisten Kinder kommen sowieso nicht und bei der Disziplin ist es doch unmöglich mit so vielen zusammen zu spielen..."
Wir rechneten also mit dem Schlimmsten. Versuchen wollten wir es aber trotzdem. (Wir = die vier Freiwilligen, also Gianna, Ronja, Friedemann und ich) Wochenlang wurde alles organisiert, das Stück -Filmmusik von „Pirates of the Caribean“ -ein wenig umgeschrieben und gekürzt, mit den Schülern geprobt, Tagespläne erstellt, Application forms geschrieben und verteilt, Einkaufslisten... Nach wie vor bestanden die Zweifel an der Unternehmung -Was, wenn das Stück viel zu schwer ist? Wenn die Hälfte der Kinder nicht da ist? Wer ist trägt die Verantwortung, wenn irgendwas passiert? Werden wir das mit der Disziplin irgendwie hinbekommen?

Letztendlich war es jedoch ein voller Erfolg - entgegen allen Prognosen ein herrliches Wochenende, das keiner so schnell vergessen wird. Ausnahmslos alle angemeldeten Schüler erschienen – eine sensationelle Teilnehmerquote von 100% -worauf wir nicht zu hoffen gewagt hatten.
Bereits in der ersten Gesamtprobe war ich völlig beeindruckt, wie gut das Zusammenspiel funktionierte, denn wir hatten mit einem totalen Chaos gerechnet. Sicher war es nicht perfekt, im Gegenteil, sogar ziemlich schräg, aber wir schafften es, von Anfang bis Ende zusammen zu spielen und die Begeisterung machte ohnehin (fast) alle Fehler wett.
Unser Stück wurde nun bis zum Umfallen geübt, Stimmproben, Stimmgruppenproben... Einzelproben... und wieder Gesamtprobe. Genug Freizeit für Spiele und natürlich Essen blieb dabei auch, sodass es zwar anstrengend, aber nicht langweilig wurde. Die Ausdauer und Begeisterung, mit der „King, Vize,...“ gespielt wurde, war tatsächlich erstaunlich.
Von wegen "Piratenorchester"

Obwohl der Großteil der Zeit mit Proben gefüllt war, war die Stimmung total schön. Man glaubt kaum, wie zwei gemeinsam verbrachte Tage den Zusammenhalt einer solchen Gruppe stärken - wir als die „Pirates of the APC“ waren nun ein Orchester, ein Team, das zusammen gehörte!
Letztendlich wurde das Pirates-Stück grandios, nicht weil alle Töne richtig gewesen wären, sondern weil man die Spannung während des Spielens förmlich spüren konnte, wenn jeder sein Bestes gab, weil es einfach Spaß machte und man den Kindern diesen förmlich im Gesicht ablesen konnte. Wenn der erste Geiger beim Spielen völlig aus sich heraus ging, dabei die Augen schloss und lächelte, wusste ich, dass das es sich gelohnt hatte. Diesen Moment werde ich nicht vergessen.

Nach den Proben am Samstag fand dann (unabhängig von unserem Orchesterworkshop) ein Teachers-Concert statt, also auch kein freier Abend. Alle Lehrer waren dazu angehalten, etwas zu präsentieren... allein oder mit anderen zusammen... insgesamt ein wirklich schönes Konzert. Unsere Tanzaufführung wurde „leider“ aus dem Programm gestrichen, da dieses zu lang wurde, was mir ehrlich gesagt auch ganz recht war. Die Kinder müssen ja nicht unbedingt sehen, wie ungeschickt wir Europäer uns im afrikanischen Tanz anstellen...Auch so wurde es ein langer Abend, schließlich ging es Sonntag Morgen ja mit den Pirates weiter. An dieser Stelle sei noch der „Holy Service“ erwähnt, den ich am Sonntag Morgen die Ehre hatte, zu halten -also eine Art Andacht. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass die Kinder das so ernst nehmen und so ruhig sein würden. An dieser Stelle war ich ehrlich beeindruckt. Religion wird hier tendenziell viel ernster genommen, als das in Deutschland der Fall ist - die meisten Kinder sind es einfach gewöhnt, jeden Sonntag in die Kirche zu gehen.


Holy Service

Aufgrund des Regens mussten wir jedoch die für Montag geplante Aufführung unseres Werkes um einen Tag verschieben. (Allzu nasses Wetter macht sich bei einer Open-Air-Bühne nun einmal schlecht, auch wenn es bei dem Klima hier durchaus sehr angenehm ist.)
 Einer unserer in einer Auflage von 400 Stück gedruckten, professionell designten Werbeflyer
Das Konzert am Dienstag Abend war dann der krönende Abschluss unseres Projektes. Außer dem Orchester spielten noch Quartette und das kleine Ensemble. Das Beste waren aber die beiden Moderatoren, zwei unserer Piraten in voller Montur mit herrlichen Bierbäuchen, die das Konzert, deren schauspielerische Leistung das Ganze zu einem echten Theatererlebnis machte. Die Geschichte von zwei Piraten auf einem verlassenen Schiff, die letztendlich nach langer Suche ihre Mannschaft - also das „Piratenorchester“- wiederfinden. Die beiden könnten mit einer Comedy-Show sicher sehr erfolgreich sein. Dass wir dabei kaum Publikum hatten, war zwar schade, aber insofern auch nicht weiter schlimm. Nach unserer Piratenmusik, dem Höhepunkt des Konzerts waren die Kinder so begeistert, dass letztendlich alle das Stück noch einmal spielen wollten. So präsentierten wir dieses also noch ein zweites Mal in Folge, nun umso begeisterter!

„And when are we having the next Orchestra-Workshop?“, wollten einige wissen. -Ja, das werden wir sehen. Bisher ist nichts dergleichen geplant und in Anbetracht der Zeit und Mühe, die dieses Wochenende gekostet hat, werden wir uns das gut überlegen. Schön ist es dennoch, diese Frage zu hören.

Pirates of the APC

Samstag, 6. November 2010

Wie hast du´s mit der Religion?

Was machst du denn nächsten Sonntag? -Welch eine Frage! Sonntag geht man in die Kirche. Das gehört sich einfach so. Jegliche andere Unternehmungen sind zweitrangig bzw. unerwünscht. Dass das hier für die meisten Menschen unheimlich wichtig ist, findet man sehr schnell heraus:
„Hast du Lust, am Sonntag mit nach Etosha zu fahren?“ -“Nicht Sonntag, da ist doch Gottesdienst.“ Selbst das Copper-Festival, jährliches Großereignis von Tsumeb, wurde von einem Pastor mit Ansprache und Gebet eröffnet. „Können wir das Konzert nicht am Sonntag Abend machen? -Völlig ausgeschlossen! Da würden wir ohne Publikum spielen, denn die Leute gehen Sonntag nur in die Kirche. (Diese dauert auch immerhin häufig um die drei Stunden, womit ein Großteil des Tages dann auch schon vorbei ist.)
Was passiert, wenn man sich dem widersetzt? -Nein, das sollte man lieber nicht versuchen. Unser Orchesterwochenende welches in einer Woche stattfinden soll, stellt in der Hinsicht also ein ernsthaftes Problem dar. Außerkirchliche Veranstaltungen zur sonntäglichen Gottesdienstzeit sind nun einmal nicht gestattet. Die einzige Möglichkeit, dies zu umgehen: Wir halten selbst einen „Holy Service“, bevor wir mit den Orchesterproben beginnen. Etwas absurd ist die Vorstellung ja schon, mich vor eine Horde Kinder zu stellen, um eine „Predigt“ zu halten. Da es dazu aber scheinbar keine Alternativen gibt, wird es wohl darauf hinauslaufen. Na, wunderbar.

Dass wir Freiwilligen den Sonntag Vormittag meist einfach verschliefen, konnte natürlich nicht angehen. Immer wieder wurden wir von verschiedenen Seiten dazu angehalten, diese oder jene Kirche zu besuchen, wir seien doch jederzeit herzlich willkommen. Mehrmals erhielten wir mehr oder weniger seriöse Flugblätter, die uns dazu aufforderten, die Bibel zu lesen und regelmäßig zu beten. (Vor den unzähligen Sekten, die hier sehr großen Zulauf haben, wurden wir schon zuvor gewarnt, wobei die Definition von „Sekte“ ja so eine Sache ist.)

Nachdem ein Musiklehrer, der bei mir Klavierunterricht nimmt, uns schon mehrmals eingeladen hatte, seine Kirche zu besuchen, wo er doch jeden Sonntag Musik mache, beschlossen wir letzte Woche, ihm den Gefallen zu tun und uns das einmal anzusehen. Es kostete große Überwindung, freiwillig früh aufzustehen, doch Gianna, Ronja und ich schafften es tatsächlich, pünktlich um 9 Uhr vor dem „Christ´s Love Ministry“ zu sein, wo wir nun plötzlich zögernd am Eingang standen. Natürlich werden wir auffallen, allzu viele Weiße sind hier nicht zu erwarten. Nun sind wir aber einmal so weit gekommen, dass wir nicht umkehren können. Todesmutig betreten wir also die Kirche, wo wir gleich von mehreren Menschen freundlich begrüßt werden. In dem recht großen Raum mit vielen Fenstern stehen einige Stühle vor einem mit dem Kirchenlogo versehenen Rednerpult, einem Keyboard und Soundanlage, eine Art Altar bildete ein Strauß Rosen auf einem seltsamen Gestell. Viele Menschen sind nicht da, doch einen geschlossenen Beginn scheint es für diese Veranstaltung nicht zu geben. Während vorne besagter Musiklehrer Worship-Lieder Keyboard spielt und dazu singt, steht am Pult jemand, der mit geschlossenen Augen leidenschaftlich in ein Mikrofon schreit, verstehen kann man jedoch nichts. Erst nach einiger Zeit wird mir klar, dass es sich hier um ein Gebet handeln muss. Die Anwesenden begleiten dieses mit begeisterten „Amen!“- und „Halleluja“-Rufen, sprechen ebenfalls Dinge vor sich hin und einige laufen sogar auf und ab, wobei sie völlig versunken ununterbrochen in die Hände klatschen. Etwas befremdet sitzen wir auf unseren Plätzen, in der vorletzten Reihe, fühlen uns leicht unwohl und sehen dem Geschehen zu, während die Kirche sich nach und nach mit Menschen füllt. Der Gottesdienst besteht zum Großteil aus solch seltsamen mit Musik untermalten Gebeten, vor allem aber aus Liedern, die meist relativ kurz sind, dafür aber in Endlosschleife zehn Minuten lang wiederholt werden, während man beobachten kann, dass die Gemeindemitglieder nicht mehr ganz in dieser Welt zu sein scheinen. Beeindruckt bin ich jedoch davon, wie begeistert und wie gut hier gesungen wird. Ohne jegliche Noten singt man mehrstimmig, klatsche und tanzt dazu, was in Deutschland völlig undenkbar wäre. Auf ihren Plätzen sitzen bleiben können die wenigsten dabei. Die „Bibel-Lecture“ dauert etwa 45 Minuten, in denen ein Text Vers für Vers auseinandergenommen wird, die Anwesenden eifrig in ihren Bibeln blättern oder mitschreiben. Jeder, dem etwas dazu einfällt, steht auf um es der Gemeinde mitzuteilen. Natürlich werden wir Besucher anschließend auch noch persönlich begrüßt, dürfen nach vorne kommen und bekommen vom Pastor einen Segen auf Afrikaans zugesprochen, den wir daher leider nicht verstehen. Dass wir alle aus der Schweiz seien und im APC arbeiteten, weiß man bereits aus anonymer Quelle und erwähnt es also ganz nebenbei.
Nachdem der Gottesdienst nun schon zwei Stunden andauert geht man nun zur Predigt über, die wohl sehr emotional ist, denn der Pastor schreit beinahe eine Stunde lang in ein Mikrofon, wobei er auf und ab läuft. Verstehen kann man trotz der Dolmetscherin, die jedes Wort übersetzt, kaum etwas. Bis zu diesem Zeitpunk war alles, was hier vor sich ging zwar sehr befremdlich, jedoch nicht völlig unerwartet. Doch was nun folgt ist doch etwas beängstigend. Unter dem nun beinahe betörenden Gesang eines Anbetungsliedes kommen die Menschen einer nach dem Anderen nach vorne, vermutlich um einen Segen zu empfangen. Dazu strecken sie die Arme aus, worauf der Pastor ihnen eine Flüssigkeit -Öl, wie ich annehme- auf Kopf und Hände tropft, ihnen dann seine in Ekstase bebenden Hände auflegt und minutenlang Worte ruft, die ich nicht verstehe. Viele der so Gesalbten fangen an zu zittern, hyperventilieren, beginnen unverständliche Worte zu schreien und kippen ohnmächtig um. Damit scheint man gerechnet zu haben, denn immer steht schon jemand bereit, um betreffende Person aufzufangen und vorsichtig auf den Boden zu legen. Nachdem man diese dann mit Tüchern bedeckt hat geht man über zum Nächsten. Auch ältere Menschen, die kaum noch laufen können unterziehen sich diesem Ritual, haben jedoch teilweise Mühe, nachher wieder aufzustehen und benötigen die Hilfe einiger Frauen, die sie stützen. Bis letztendlich auch der Pastor selbst, sowie die Sängerinnen am Mikro und der Keyboard und Schlagzeugspieler an der Reihe gewesen sind, bin ich so benebelt von diesen Endlos-Gesängen, dass mir der Gedanke kommt, ich wäre bei diesem Ritual womöglich auch ohnmächtig geworden. Völlig erschöpft verlassen wir nach dreieinhalb Stunden die Kirche, nun um eine Erfahrung reicher.

Als sei das noch nicht genug gewesen, entschließe ich mich, am Nachmittag einen weiteren Gottesdienst zu besuchen. Der Gegensatz hätte jedoch größer nicht sein können. Es handelte sich um den der deutschen lutherischen Gemeinde von Tsumeb, der auf einer Farm etwas außerhalb im Freien stattfand. Plötzlich komme ich mir vor, als sei ich zu Hause in Deutschland. Hätte ich es nicht gewusst, wäre ich niemals auf die Idee gekommen, diese Menschen seien Namibier, die seit mehreren Generationen hier leben. Genauso gut hätte ich mich in einem niedersächsischen Dorf befinden können. Natürlich sitzt man hier ruhig auf seinem Stuhl, steht auf, wenn es erwartet werd und setzt sich dann wieder hin, liest etwas gelangweilt den Psalm im Wechsel mit dem Lektor. Etwas verwundert bin ich, dass die Gemeindelieder von den Wenigsten (wenn, dann natürlich einstimmig) mitgesungen werden, was in Kombination mit der wackeligen Gitarrenbegleitung etwas kläglich wirkt. Beinahe wage ich es nicht, selbst zu singen, obwohl ich ausnahmslos alle Lieder kenne, die der Pastor aus dem Niedersächsischen Gesangbuch ausgewählt hat. Ganz im Gegensatz zu der ekstatischen Stimmung am Vormittag herrscht hier eine sehr persönliche und gemütliche Atmosphäre. Man kennt sich gegenseitig und witzelt bei den Bekanntgaben selbstironisch über die Konfirmandengruppe, bestehend aus zwei Mitgliedern. Im Anschluss gibt es ein gemütliches Beisammensein bei Kaffee und Kuchen, wobei man sich über den neuesten Klatsch und Tratsch auf dem Laufenden hält, Kuchenrezepte austauscht und den Senioren-Spieleabend plant. Ich komme mir vor wie im falschen Film -ist das hier Namibia? Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich in diesem Land noch keinen Kaffee getrunken, geschweige denn Kuchen gegessen. Nun sitze ich an auf einer hübschen Farm neben Bananenstauden an einem mit gebügelter Tischdecke und Deko-Objekten geschmückten Tisch und erzähle den deutschen Farmern, in einer Großfamilien-Atmosphäre von meiner Arbeit im APC.
Was soll ich von den Erlebnissen dieses Tages nur halten? Wie kann man an einem Tag so gegensätzliche Erfahrungen machen? Es gibt schon sehr seltsame Dinge...  Aber das gehört wohl dazu. Immerhin kann ich jetzt bestätigen, dass an dem Satz, Namibia sei ein Land voller Gegensätze, etwas Wahres dran ist.

Sonntag, 31. Oktober 2010

Immer diese Touristen!


Wenn man schon einmal in Namibia ist, muss man schließlich auch ein gewisses Pensum an touristischen Programmpunkten abarbeiten, sonst wäre der Aufenthalt ja ganz umsonst... Jedenfalls haben wir den wichtigsten Punkt, den Etosha Natinalpark letzten Sonntag vorschriftsmäßig agbehakt, so wie sich das gehört. Wir Freiwilligen und zwei APC Lehrer brachen also früh mit dem APC-Bus auf, um den ganzen Tag Zeit zu haben, Tiere zu suchen. Bis zum Etosha fährt man von hier aus etwa eine Stunde, was in Namibia praktisch nichts ist.
Etosha Nationalpark


Viel Sensationelles gibt es nicht zu berichten. Interessant ist es natürlich schon, wenn plötzlich eine Giraffe vor dem Auto die Straße überquert, oder man sich zwei Elefanten gegenüber sieht. Den größten Teil der Zeit verbringt man aber damit, in afrikanischer Hitze auf Huckel -Schotterwegen kilometerweit von einem Wasserloch zum nächsten zu fahre. Dass ich dabei zeitweise am Steuer sitzen durfte war eigentlich der Höhepunkt des Tages. Um ehrlich zu sein machte das schon ziemlich großen Spaß, die unheimlich tiefen Schlaglöcher und losen Steine, die man dabei umfahren musste, machten das Ganze umso interessanter.


(Nein, das ist nicht die Huckel-Piste, sondern schon die Rückfahrt. Beweist aber, dass ich gefahren bin^^)

Man begegnet auf einer solchen Tour vielen verrückten Safarihut-Klischee-Touristen und fühlt sich schon fast selbst wie einer, während man sich mit seiner Kamera so weit wie möglich aus dem Fenster lehnt, um eine Herde Zebras möglichst vollständig ins Bild zu bekommen. „Mister Lion“ haben wir jedoch trotz langer Suche nicht finden können. Dafür wurde es zu einem seltsamen Spiel, in allen möglichen Tieren seine Mitmenschen wieder zu erkennen. „Oh, this giraffe looks like you.“ oder zu einem Warzenschwein: „Hey, … (Name zensiert), how are you?“ Somit ist es dann auch nicht mehr so abwegig, die Tiere mit brother und sister ansprechen, so zum Beispiel einen Kudu, der auf der Straße stand: „Hey, brother get out of our way.“




Ich glaube, die Fotos dokumentieren unseren Tagesausflug am Besten. Hier also meine Touristen-Fotos:
Hier waren irgendwie keine Tiere zu finden...




Besagte Zebraherde...leider etwas unscharf
 

Treffen sich zwei Zebras in the middle of Nowhere...


"Good Morning, Mister Elephant!"


Sprinting Giraffes

Giraffen am Wassserloch

Alles in Allem war es ein netter Tag, an dem wir wohl eine Menge dessen gesehen haben, was man als Europäer mit Afrika assoziiert. Das gehört schließlich auch dazu.
Auf dem Rückweg konnten wir einen herrlichen Sonnenuntergang beobachten, davor die schöne Silhuette der namibischen Landschaft. Leider ließ sich das nicht fotografisch festhalten. Stellt es euch also bildlich vor...

Donnerstag, 28. Oktober 2010

Chocolate

Ein Tag, an dem ich eigentlich beim Aufstehen schon weiß, dass das ein Fehler war. Meine Dauerkopfschmerzen sind über Nacht wieder nicht verschwunden und wenn ich über meinen Tagesablauf nachdenke, habe ich schon keine Lust mehr. Ein Stundenplan voller Schüler, die sowieso nicht kommen werden oder zumindest völlig unmotiviert und uninteressiert sind.
Umso erstaunlicher, dass es dann doch ganz anders kommt. Aber wenn ich hier eines gelernt habe, dann, dass nie irgendetwas so kommt, wie ich es mir gedacht habe. Es ist völlig sinnlos, irgendetwas zu planen, denn letztendlich wird sowieso alles ganz anders. Es passieren einfach immer unvorhersehbare Dinge, die alle Planung durcheinander bringen - ja das ist Afrika und im Grunde finde ich es herrlich. Eine Stunde des Vormittags verbringe ich mit afrikanischem Tanz, was doch ziemlich viel Spaß macht. Mir bleibt danach noch genug Zeit, um Klavier und Geige zu spielen und das Akkordeon für mich zu entdecken. (Gut, dass ich mir nicht schon vorgenommen habe, hier Cello zu lernen. Und Querflöte.) Die Mittagspause lang liegen wir faul auf der Wiese im APC herum und klagen uns gegenseitig unser Leid, wie wenig Lust wir doch zum unterrichten haben. Ich rechne frühestens gegen halb drei mit meinem ersten Schüler, bis ich kurz nach zwei plötzlich gerufen werde. "Teacher, I have already been here since 1 o´clock." Er hatte tatsächlich eine Stunde lang geübt, kaum zu fassen. Seit ich ihn kenne, hat außerhalb des Unterrichts kein einziges Mal gespielt. Ja, eigentlich hat er ja keine Zeit, weil er gleich wieder zur Schule muss, wollte dafür aber ein bisschen eher kommen, um die Stunde nicht ausfallen zu lassen. Meine Laune wird schlagartig besser, das ist so unheimlich schön.
Tatsächlich kommen heute Nachmittag ausnahmslos alle Schüler zum Unterricht, was wirklich eine Seltenheit ist. Außerdem: Alle haben geübt und die Hausaufgaben, die ich gegeben habe, tatsächlich gemacht. Der absolute Höhepunkt ist aber das Versprechen eines Mädchen nach der Geigenstunde: „Teacher, I don´t know when, but one day I will buy for you chocolate.“ Ich bin völlig sprachlos und kann dazu nicht einmal Nein sagen. Dazu muss man wissen, dass Schokolade hier nicht nur für Kinder das absolut Größte ist, sehr selten und ziemlich teuer. Und dass die meisten Kinder sich das nicht leisten können. Wie komme ich also dazu, ich bin keine gute Lehrerin. Ich bin so gerührt, dass ich fast weinen muss. Das klingt verrückt, aber irgendwie weiß ich, dass sie mir wirklich Schokolade schenken wird. Wie gut, dass ich heute Morgen nicht im Bett geblieben bin!

Samstag, 23. Oktober 2010

Kinder, Kinder...

Nachdem ich jetzt schon über einen Monat lang meine ersten Erfahrungen als Musiklehrerin gesammelt habe, stelle ich zugegebenermaßen fest, dass es mir immer besser gefällt. Es gibt immer wieder Stunden, die wirklich Spaß machen und nach denen ich das Gefühl habe, nicht umsonst hier zu sein. Gegenteilige Erfahrungen gibt es auch immer wieder. (Wobei ich den Verdacht, dass es völlig sinnlos ist, irgendwem etwas beibringen zu wollen mit der Zeit immer seltener habe.)
Natürlich habe ich nicht nur interessierte und aufmerksame Schüler, die regelmäßig üben. Nein, eigentlich ist es eher eine Seltenheit, dass jemand für den Unterricht übt. Dieser hat demzufolge dann eher den Charakter einer betreuten Übestunde, woran ich mich nicht ganz gewöhnen kann. Mit gutem Zureden erreicht man eventuell aber früher oder später eine Besserung. Möglichkeit zwei wäre die Einführung strengerer Maßnahmen, was ich allerdings zu vermeiden versuche.
Es gibt jedoch auch immer wieder Schüler, die so regelmäßig üben, dass ich schwer beeindruckt bin. Ein kleines Mädchen, das gerade angefangen hat, Klavier zu lernen, kommt jeden Tag zu mir, um die Noten zu holen: „Teacher, I want to practice.“ Dabei gibt es nur ein fürchterliches Keyboard zum auf dem sie spielen darf. Ein frecher Junge, den man sonst eigentlich nur Fußballspielen oder Blödsinn machen sieht, so ein richtiger böser Bube, kommt täglich um Geige zu üben. Einfach herrlich.

Coole Jungs-Gang... Geigenschüler

Dass niemand für den Unterricht Geld bezahlen muss, das merkt man in gewissen Momenten jedoch sehr deutlich. Inzwischen habe ich es schon mehrmals erlebt, dass jemand plötzlich einfach in der Tür stand und ohne jegliche Vorwarnung meinte: „When can I start with piano lessons?“ oder: „You must teach me violin.“. -Moment mal, hast du mich eigentlich überhaupt gefragt, ob ich dich unterrichten möchte? Oder ob ich noch Zeit habe für neue Schüler? Nein, dass ein Lehrer auch nur ein Mensch ist, daran hatte keiner gedacht. Und dass man vielleicht lieber erst einmal vorsichtig fragt, statt einfach irgendwelche Forderungen zu stellen, auf die Idee kamen diese Kinder auch nicht. Fairerweise muss ich hier aber dazu sagen, dass längst nicht alle Schüler derart unfreundlich waren, es handelt sich hier eher um Einzelfälle. In Anbetracht des Prozentsatzes der Freistunden, die ich habe, weil Kinder einfach nicht zur Stunde erscheinen, kann hier jedoch nicht mehr die Rede von Einzelfällen sein. Manchmal wird es einfach vergessen, dann war in der Schule ein Sporttag, „math extra classes“, vielleicht ging es dem Schüler auch nicht gut oder die Mutter hat ihn gerade zum Einkaufen geschickt. Auch hier sieht man deutlich, dass der Unterricht kostenlos ist. Ansonsten kämen solche Dinge wohl nicht in der Häufigkeit vor. Man darf das auf keinen Fall persönlich nehmen, denn mit dem Lehrer hat das nicht viel zu tun. Dass dieser sich vorbereitet hat und wartet, dessen ist man sich wohl nicht bewusst. Was mich aber immer wieder beeindruckt ist die Tatsache, dass es wirklich Schüler gibt, die sich im Voraus entschuldigen. „Teacher, I came to apologize for the lesson today.“ Mitunter kommt jemand einzig und allein zum APC, um mir mitzuteilen, dass er heute aus irgendeinem Grund nicht da sein kann, um sich danach beeilen zu müssen, rechtzeitig zum Konfirmandenunterricht oder in der Schule zu sein. Das hat wirklich Stil. Und noch etwas zum Thema Stil: Wo erlebt man es schon mal, dass sich ein Schüler für die Stunde bedankt? Auf diese Idee bin ich selbst nie gekommen, warum eigentlich nicht? Jedenfalls bekam ich, als ich heute nach einer schönen aber fürchterlich anstrengenden Stunde Gruppenunterricht völlig erledigt war gleich von zwei Kindern zu hören: „Thank you for the lesson, teacher.“ Damit hätte ich nicht gerechnet. Aber allein dafür hat es sich gelohnt.

Nein, wir sind nicht zu schüchtern fürs Foto...

Die Generalprobe für das abendliche Konzert war heute Nachmittag auch eine herrliche Sache. Nachdem wir allen Kindern eingebläut hatten, bloß pünktlich um 12 Uhr zu erscheinen und andernfalls damit gedroht hatten, Zu-spät-kommer nicht auftreten zu lassen, dauerte es eine geschlagene Stunde bis dann tatsächlich alle da und bereit waren. Es ging also gegen 13Uhr los. Und wer jetzt glaubt, dass wir, wie man es bei einer Generalprobe erwartet, das Programm von vorne bis hinten einmal durchgespielt haben, der macht sich völlig falsche Vorstellungen. Schließlich kann man doch nicht verlangen, dass die Technik gleich einfach so funktioniert, die Mikrofone sich einfach so anschalten lassen oder gar dass das Programm so, wie es auf dem Zettel steht vielleicht richtig ist. (Immerhin hat man mich für ein Solo-Geigenstück eingetragen, das war wohl ein Missverständnis!) Es dauerte also eine Weile, bis man auf die Idee kam, das Mikrofon, das inzwischen sogar funktionierte, vor die Instrumente zu halten, damit das Publikum auch etwas hört. Insgesamt dauerte das ganze Theater drei Stunden, inzwischen hatten alle Hunger und waren ziemlich fertig vom langen herumsitzen und warten, was in der Hitze tatsächlich nicht angenehm ist. Ehrlich gesagt bin ich ziemlich erstaunt, keinen Sonnenbrand davongetragen zu haben.
Beeindruckt war ich dennoch von dem Konzertprogramm, in dem so manche Talente zum Vorschein kamen, von denen ich nichts geahnt hatte. Absoluter Höhepunkt sind nach wie vor die Tanzgruppen. Jedenfalls bin ich gespannt auf heute Abend.

Dienstag, 19. Oktober 2010

Seltsame Begebenheiten

In der Vorbereitung auf das Auslandsjahr hörte man immer wieder von der ganz anderen Mentalität der Menschen und den Kommunikationsproblemen, die sich daraus ergeben könnten. Das ging soweit, dass man letztendlich sogar das Gefühl bekommen konnte, man gehe unter irgendwelche Aliens oder Monster, die man mit äußerster Vorsicht behandeln müsse, um nicht gefressen zu werden. Umso erleichternder war dann nach meiner Ankunft hier die Feststellung, mich von ganz normalen Menschen umgeben zu finden, mit denen man reden, lachen und streiten kann, wie man es zu Hause auch tut.
Die durchaus vorhandenen Unterschiede fallen immer wieder an gewissen Kleinigkeiten im Alltag auf, woraus sich oftmals kuriose Situationen und Gespräche ergeben, bei denen man immer wieder die Frage gestellt bekommt: „Why you are like that?“ -Tja, diese kann ich so nur zurückgeben.

Dass die Namibier sehr gerne und viel Fleisch essen, hatte ich wohl schon erwähnt. Zugegeben, dieses ist hier auch unheimlich gut, da es so etwas wie Massentierhaltung nicht gibt. (Schließlich ist ja genug Platz.) Dass es aber Menschen gibt, die gerne Gemüse und vor allem Salat essen, können viele nicht verstehen. Wer isst denn schon Blätter? „Why do you eat gras? Maybe it is because you were a cow in your last life.“ Ja, das wäre natürlich eine Erklärung dafür.

Dass wir alle immer wieder neu geboren werden, als Mensch oder Tier, ist eine völlig logische Tatsache. Gespräch beim Mittagessen: „Me, I want to be an Elefant in my next life.“ „Oh, I want to be a lion.“, worauf man sich genau ausmalte, wie das dann wohl wäre. Dass der Gedanke der Reinkarnation im Christentum so verankert ist, war mir bis dahin noch nicht bewusst... Beinahe alle Menschen hier sind getauft und gehen regelmäßig in die Kirche. Bei einem Gespräch heute wurde heiß darüber diskutiert, wie oft man denn zu Jesus beten sollte. „When you not pray you will die soon, maybe in a car accident. But when you pray you will not die.“ So einfach ist das. Die traditionellen Religionen sind jedoch nach wie vor fest in den Köpfen verankert, das Christentum also nur so eine Art Zusatzversicherung.
Eines Tages erschien jemand mit einem Verband um den Arm zur Arbeit. Auf Nachfragen stellte sich heraus, dass er sich irgendwie schlimmer verletzt hatte und eine Behandlung benötigte. Als sei das die selbstverständlichste Sache der Welt, meinte er, er sei beim „Witch-Doctor“ gewesen, also ein traditioneller Medizinmann. Natürlich gehe er auch hin und wieder zu einem Arzt, aber wenn er wirklich krank sei, vertraue er lieber auf den Zauberdoktor, meinte der Betroffene. Dann gebe es eine Art Zeremonie mit Singen und Tanzen, man gebe ihm Salbe oder etwas der Ähnliches und am nächsten Tag könne er schon wieder herumlaufen.

Die Anwesenheit von diversen Geistern um uns herum scheint auch eine Tatsache zu sein, die niemand anzweifelt. Neulich meinte man doch tatsächlich, im Wohnhaus der männlichen Lehrer gehe nachts ein Geist umher, der nur mit Unterhose bekleidet durch die Zimmer wandle. Dass dieser tatsächlich für schlaflose Nächte verantwortlich war ist für mich als Europäer sehr befremdlich. Schließlich musste nach intensiven Diskussionen einer der Hausbewohner, der scheinbar schuld an dem nächtlichen Spektakel war, seine Sachen packen und ausziehen. Seitdem ist das Haus von bösen Geistern frei.

Nicht ganz so spektakulär, aber doch seltsam war eine Situation am letzten Wochenende im Park. Wir hatten uns dort einen Nachmittag lang gemütlich gelagert, zwischendurch Pizza geholt und dort gegessen und machten uns nun, wo es langsam dunkel wurde auf den Heimweg. Beim Zusammenpacken der Sachen hoben wir natürlich auch die lehren Pizza-Kartons auf, um sie am nächsten Papierkorb loszuwerden. Ganz erstaunt fragte uns einer der Jungs, „Why do you take this with you? What do you need it for?“ (Warum wir denn diese mitnähmen und wozu wir sie noch bräuchten). Auf die Idee, den Müll zu entsorgen wäre er wohl nicht gekommen. Als wir es ihm erklärten nickte er nur wortlos.

Herrlich fand ich es auch, wie eines der Kinder eines Tages feststellte, dass Weiße, wenn ihnen warm ist, rot im Gesicht werden können. „You and you and you...“- sie zeigte auf alle Weißen im Raum -“you are pink here.“ Damit meinte sie die Wangen. Ja, genau so ist das.

Diese fiesen Insekten, die äußerst unangenehme Stiche hinterlassen, sind nach Ansicht einiger Namibia nur in Afrika anzutreffen. Dass es Mücken in Deutschland auch gibt, wollte man mir hier kaum glauben. Das könne doch gar nicht sein, ob mich denn lustig machen wolle. Schön wäre es, aber ja, auch zu Hause wacht man im Sommer völlig zerstochen auf. Nur dass man davon keine Malaria bekommen kann.

Erstaunt war ich auch, als ich neulich im Gespräch mit einem APC-Lehrer erfuhr, dass er weder lesen noch schreiben kann. Das hätte ich wirklich nicht erwartet, denn man merkt es ihm nicht an. Nein, er habe noch nie eine Schule von innen gesehen und könne sich das gar nicht vorstellen, wie das so ist. Wie sitzt man denn da, so alle in Reihen hintereinander? Tja, Auto fahren, unheimlich musisch begabt sein und sich gut mit Technik auskennen kann man auch ohne Schule. Es gibt eben auch Bildung, für die man keine Schule braucht.

Nicht zuletzt seien an dieser Stelle die unzähligen Heiratsanträge erwähnt, die man hier als weißes Mädchen bekommt und die definitiv unter die Kategorie „seltsame Begebenheiten“ fallen. Anfangs war ich völlig irritiert, von Unterhaltungen, die ungefähr so verliefen:
„Hey, how are you?“
     - „Fine. And you?“
„Very Fine. What´s your name?“
     - „Mareike“
„Will you marry me?“
    -…
Inzwischen überrascht mich so etwas zumindest nicht mehr. Seltsam ist es dennoch, dass man einzig und allein aufgrund seiner Hautfarbe derartige Aufmerksamkeit erfährt. Glücklicherweise reagiert niemand beleidigt, wenn ich über dieses seltsame Verhalten lachen muss. Jedoch stelle ich mir nach wie vor ein ums andere Mal die Frage, warum ich als Weiße denn besser sein sollte als die Schwarzen.

Montag, 18. Oktober 2010

Morgenrituale...

Nach über einem Monat hier stellt sich sehr langsam so etwas wie ein Alltagsgefühl ein. Natürlich gleicht kein Tag dem anderen und selten läuft etwas wie geplant. Eigentlich passiert immer irgendetwas Unvorhergesehenes, das alle Organisation umwirft. Dennoch gibt es gewisse Dinge, auf deren Regelmäßigkeit man sich verlassen kann und an denen sich in absehbarer Zeit wohl nicht viel ändern wird.
So kräht zum Beispiel jeden morgen 4.40 Uhr der Hahn auf dem Nachbargrundstück. Mittlerweile nehme ich das im Halbschlaf zur Kenntnis, um mich dann im Bett noch einmal umzudrehen. Dass mir dieses Tier nicht länger den Schlaf raubt ist auch zum großen Teil den Ohropax zu verdanken, die ich mir notgedrungen zugelegt habe. Gegen 7 Uhr klingelt dann mein Wecker, den ich jedoch aus offensichtlichen Gründen ebenfalls regelmäßig überhöre. Zehn bis zwanzig Minuten später springe ich erschrocken aus dem Bett, stelle fest, dass ich mich zuerst aus dem Moskitonetz befreien muss, gehe dann in Windeseile duschen und ärgere mich über die rosarote Pastellfarben-Beleuchtung im Badezimmer. Zum Frühstück gibt es Toast mit Marmelade sowie eine Tasse Roibostee, auch das wird sich wohl innerhalb dieses Jahres nicht ändern. Ich schlinge dieses hektisch herunter, während ich meine Tasche packe, dann Zähne putze und mich natürlich wieder einmal viel zu spät auf den Weg Richtung APC mache. Bevor ich mein Zimmer verlasse, schließe ich jedoch noch die Gardinen und verstecke meinen Laptop so, dass man ihn als Eindringling möglichst nicht gleich findet. Reine Vorsichtsmaßnahme. Mit etwas Glück erwische ich Ronja und Gianna noch und wir laufen gemeinsam. Daran, an welcher Stelle man den selben Menschen begegnet, können wir ablesen, wie spät wir genau dran sind. Wir grüßen alle Entgegenkommenden und beobachten die Reaktion um so auf die jeweilige Tageslaune zu schließen. Am APC üben wir die Begrüßung auf Oshivambo, tauschen uns mit allen Lehrern über unser Befinden aus „How are you?“ -„Fine.“ bzw. „Ongeipi?“ -“Onawa.“, dann geht jeder an seine Arbeit. Ich schließe also meinen Unterrichtsraum auf, wo mir sofort stickige Luft entgegenschlägt. Also werden zuerst alle vergitterten Fenster aufgerissen, bevor ich das E-Piano, welches, da sonst viel zu niedrig, auf vier Ziegelsteinen steht, von seinem Staubschutz in Form einer Air-Berlin-Decke befreie. Natürlich ist die Tastatur auch heute wieder verklebt und eingestaubt, was mir nach wie vor ein Rätsel ist. Ich putze also alle 88 Tasten, bevor ich den Tag mit einem Klavierstück beginne.

Donnerstag, 14. Oktober 2010

Eine Namibiarundfahrt...

Wie reist man in Namibia? Ganz einfach: Man packt einen Siebensitzer-Bus voll mit Menschen, falls man eine Polizeikontrolle passieren wird hält man sich an die vorgeschriebene Personenanzahl, ansonsten haben dort ja auch locker zehn oder mehr Personen Platz. Selbstverständlich herrscht in Namibia Anschnallpflicht. Immerhin gibt es einen funktionierenden Anschnallgurt, der sich am Fahrersitz befindet. Das ist doch schon einmal nicht schlecht. Das Erste, was man tut: Man schaltet das Radio an. Dabei hat man die Wahl zwischen zwei vorhandenen CD´s, die Frage ist also nur, mit welcher man anfängt. Im Laufe des Tages wird man beide vorwärts und rückwärts auswendig mitsingen können. Wenn die geplante Abfahrtszeit acht Uhr war, dann sind gegen neun alle da, man hat endlich alle wichtigen Dinge eingeladen und festgelegt, wer aufgrund der vorgegebenen Personenanzahl leider zu Hause bleiben muss. (In diesem Fall setzen sich die vier Freiwilligen + vier andere Lehrer vom APC durch, Kinder mussten leider zurückbleiben... unfair.) Es kann also losgehen.
Über den Sinn der Fahrt wird nicht nachgedacht, es geht hier nicht um das Ziel (das APC in Oshikuku), denn spät am Abend wird man sowieso wieder am Ausgangspunkt angelangt sein. Und den Tag über nichts getan haben, als im Auto gesessen. Das stört hier jedoch niemanden, denn was gibt es Schöneres, als stundenlang durch die Landschaft Namibias zu fahren? Und was gibt es Lustigeres, als einen Tag mit vielen Menschen in einem Kleinbus zu verbringen? Es geht also darum, das Im-Auto-Sitzen zu genießen. Demzufolge ist es unverzeihlich, dabei einfach einzuschlafen. „You must not sleep. Look out of the window! You must see Namibia.“ Und: „You must take photos.“ So ist das also. Gut, dass ich regelmäßig daran erinnert werde, mich so zu verhalten, wie es sich für einen echten Touristen gehört. Wir fahren Richtung Norden, verfahren kann man sich nicht, denn es gibt nur eine einzige geteerte Straße. Einspurig, versteht sich, weshalb man immer wieder in abenteuerlichen Überholmanövern an diversen Kleinlastern, Transportern oder ähnlichen Gefährten vorbeiziehen muss. Unser Fahrer scheint zu wissen, was er tut, er bremst immer rechtzeitig, wenn eine Gruppe Erdmännchen oder eine Herde Kühe die Straße überquert oder etwa ein kleinerer Wirbelsturm vorbeizieht.
Die einzige geteerte Straße... glücklicherweise gibt es noch Schotterpisten!

Die Musik wird aufgedreht, bis man sein eigenes Wort nicht mehr versteht und ich staune, wie man mit dem Lautstärkeregler gleichzeitig die Stimmung aufdrehen kann. Einige singen begeistert mit, und hüpfen auf den Sitzen hin und her. An uns zieht die herrliche Landschaft Namibias vorbei, soweit man sehen kann vertrocknetes Gras, Büsche, bald auch einige Palmen. Immer wieder werden wir auf wichtige Dinge hingewiesen, die wir unbedingt sehen müssen. „Look here, ...“ Die Abzweigung zum Etosha-Park, eine Lodge, eine Farm. Die Leute hier sind stolz, uns ihr Land zeigen zu können. Eine Stunde. Zwei Stunden. Es ist eng im Auto und sehr warm. „You are beautifu-fu-fu-fu-ful...“ singt unsere CD, die wohl leicht beschädigt ist, schätzungsweise zum fünften Mal. Ich lehne mich zurück, schaue aus dem Fenster und genieße die Fahrt. Ich glaube, ich mag dieses Land. Ich bin tatsächlich in Namibia...herrlich!
Bald muss eine Pause eingelegt werden, natürlich in einer Shebeen. So nennt man hier die kleinen Bars, die es an jeder Straßenecke gibt. Als wir den Raum betreten, empfängt man uns sehr nett, und dreht nun für uns als einzige Gäste die großen Musikboxen auf volle Lautstärke. Dagegen war das Autoradio ja ein Witz. Wir sitzen also an der Bar und trinken erstmal alle ein kühles Bier. Es ist gerade zwölf Uhr mittags. Nachdem man noch ein wenig an der Juke-Box und dem Spielautomaten gezockt hat, kann es weitergehen. Die Stimmung wird immer besser.
Inzwischen sind wir wirklich im Norden Namibias, der deutlich vom übrigen Teil des Landes zu unterscheiden ist. Die Straße ist hier nicht mehr rechts und links von kilometerlangem Maschendrahtzaun begrenzt. Und es ist nicht mehr völlig unbewohnt. Stattdessen sind überall Gruppen kleiner Hütten mit Strohdächern, kleine Blech-oder Steinhäuser zu sehen, die von Holzzäunen umrandet sind. Plötzlich sieht man auch Menschen, Gruppen von Frauen, die die Straße entlang laufen. Männer, die eine Herde Kühe über die Straße treiben. Kinder, die an der Straße stehen und uns Fisch verkaufen wollen. Ja, auch Wasser gibt es nun hin und wieder. Einige Tümpel und ein Gewässer, das man beinahe für einen Fluss halten könnte, würde es nicht plötzlich irgendwo enden.



Es scheint jedoch deutlich mehr Tiere, also Ziegen, Esel, Pferde und vor allem Kühe zu geben, als Menschen. Ob all diese Tiere einen Besitzer haben, ist nicht erkennbar. Vermutlich sind auch viele einfach herrenlos. Wir fahren durch eine Stadt, die einer europäischen Stadt unähnlicher nicht hätte sein können. Abgesehen von der geteerten Hauptstraße besteht der Boden überall aus Sand, in welchem alle der „zahlreichen“ Autos eine riesige Staubwolke hinterlassen. Die kleinen Häuser stehen sehr weit auseinander, dazwischen ist einfach viel Platz. Keine dicht gedrängten Gebäude oder zugepflasterten Flächen. Auf einem kleinen Grasstreifen weiden einige Ziegen, die frei herumzulaufen scheinen. Jedes zweite Haus trägt die Aufschrift „Shebeen“. Dieser Wirtschaftszweig scheint ja zu boomen. Wir fahren an einer Tankstelle vorbei, an einer Tanksäule läuft gerade eine Kuh vorbei. Ein kurioses Bild, das ich so schnell nicht vergesse.

APC Oshikuku
Irgendwann biegen wir von der geteerten Straße auf einen Sandweg oder vielmehr einen Sandstreifen, den man als Weg interpretieren könnte, ab. Man wird nun herrlich durchgeschüttelt, während wir im Slalom zwischen den Bäumen hindurch fahren. Endlich halten wir an, vor einem kreativen Eingangsschild des APC´s. Die Anlage sieht der in Tsumeb sehr ähnlich, nur der Garten fehlt.

Unser Aufenthalt dort ist recht kurz, denn im Grunde geht es nur darum, einige Instrumente zur Reparatur nach Tsumeb zu bringen. Wir werden von unheimlich vielen Menschen herzlich begrüßt und umarmt, die ich zumindest noch nie zuvor gesehen habe. Die Atmosphäre ist wirklich schön. Zum Empfang wird für uns eine mitreißende Session im Marimba-Haus veranstaltet, es wird mit einer Begeisterung improvisiert, wie ich es selten erlebt habe. Die Musik ist schwer in Worte zu fassen, aber kurz gesagt klingt es einfach richtig afrikanisch, verzeiht mir dieses Klischeedenken. Wir Besucher beteiligen uns mit Trommeln und Rasseln, jemand fängt an zu tanzen. Die eigentliche Tanzaufführung folgt jedoch nun erst, traditionelle Tänze gezeigt von einer Gruppe Kinder. Wieder einmal bin ich völlig hingerissen von der Art, sich zu bewegen. Als Europäer ist es mir ein Rätsel, wie man so tanzen kann.

An Ovambo Home
Nun müssen wir uns aber beeilen, den Rückweg anzutreten, da wir nicht hundertprozentig auf die Funktion der Autoscheinwerfer vertrauen können. Vorher machen wir jedoch noch Halt bei einem traditionellen Ovambo-Zuhause. James, der Leiter des APC Oshikuku, lädt uns zum Essen ein und wir haben Gelegenheit, uns anzusehen, wie seine Familie und viele andere leben. Ein durch einen selbst gebauten Holzzaun begrenztes Gelände, auf dem sich einige runde Strohdachhütten befinden, dazwischen Sand und Hühner. 
Traditionelle Hütten eines Ovambo Homes







Ein älterer Mann und eine Frau sitzen im Schatten, James´ Eltern. Wir begrüßen sie respektvoll und geben uns mit unseren kaum nennenswerten Oshivambo-Kenntnissen größte Mühe. Englisch scheinen die beiden nicht zu sprechen. Unter einem Strohdach befindet sich eine Feuerstelle. „That is our kitchen.“ Hier wird also gekocht. Einige Meter weiter steht ein kleines Steinhaus, das Zimmer unseres Gastgebers, in welchem er sofort die Stereoanlage anschaltet. Der Kontrast hätte größer nicht sein können. Wir setzen uns draußen an einen bunten Blechtisch und vor dem Essen wird zum Händewaschen eine Schüssel mit Wasser und Seife serviert. Gegessen wird nicht mit Messer und Gabel von Tellern, sondern mit den Fingern gemeinsam aus zwei mit Mahangu gefüllten Körben und einer Schüssel mit Chicken. Nach wie vor schaffe ich es längst nicht, dabei so elegant auszusehen, wie die Ovambos. Wie auch, wenn man sein Leben lang gelernt hat, mit Händen essen gehöre sich nicht.

Back home...
Nach einigen Umwegen, auf denen wir noch diversen Familienmitgliedern Besuche abstatten sowie unbekannte Menschen zwei Kilometer weiter zum nächsten Ramschladen fahren müssen, treten wir also tatsächlich den Rückweg an. Scheinbar. Zehn Minuten später wird jedoch schon an der nächsten Shebeen angehalten, wo wir unheimlich viele „alte Bekannte“ treffen und bei einigen Flaschen Bier die nächste Stunde mit netten Unterhaltungen und einer Juke-Box verbringen. Als irgendjemandem auffällt, dass es inzwischen sechs Uhr abends ist und vor uns noch 350km Fahrt liegen, wird langsam zum Aufbruch gedrängt. Die verlorene Zeit holen wir einfach auf, indem wir etwas schneller fahren. 120km/h sind erlaubt, aber das macht nichts. Die Rückfahrt verläuft ähnlich wie die Hinfahrt, aus unerfindlichen Gründen ist die Stimmung sogar noch ein bisschen lustiger. Inzwischen gibt es eine dritte CD mit Rap-Musik. Man versucht sogar, dazu zu tanzen, was sich in der zwangsläufig gebückten Haltung aufgrund der zu geringen Höhe des Autos doch etwas schwierig gestaltet. 

Eine lustige Autofahrt...
Wider Erwarten funktionieren die Scheinwerfer nach einigen Versuchen doch, was bei der mittlerweile einbrechenden Dunkelheit doch von Vorteil ist.
Als wir Tsumeb nach einigen Zwischenstopps erreichen ist es etwa 10 Uhr, ich hätte spontan eher auf 12 getippt. Obwohl ich den ganzen Tag nichts getan habe, als herum zu sitzen, bin ich völlig erledigt. Aber aus irgendeinem Grund, habe ich jedoch das Gefühl, dass die Aktion das wert war.

Samstag, 9. Oktober 2010

"Shopping-Tour" in Tsumeb

Wie ist das, wenn man hier einkaufen geht? Aaalso: In Tsumeb gibt es drei Supermärkte, der teuerste ist Spar, dahin geht man demzufolge nicht. Shoprite ist der nächste, also los. Dort grüßt man freundlich die Security-Menschen, die links und rechts am Eingang stehen. Dann läuft man durch den Supermarkt, die Auswahl ist eigentlich fast wie in Deutschland. Die Preisverhältnisse etwas anders. Viele Dinge sind preiswerter, Gemüse und Dinge wie Nutella dagegen sehr teuer. Bemerkenswert ist allerdings, dass man nicht nur Lebensmittel, sondern auch Kosmetik, Medikamente, Schreibwaren und Bibeln kaufen kann. Ja, Bibeln gibt es tatsächlich überall, was für ein Glück. Auch hier stehen zwischen den Regalen Security-Menschen herum, die den ganzen Tag nichts zu tun haben, als aufzupassen. Jeder deiner Schritte wird also genau beobachtet. Plötzlich steht da ein Kind in abgerissenen Klamotten, barfuß und hält ein Brot in der Hand. „Buy me some bread. Please.“ -Nein, das geht wirklich nicht. Schließlich müsste ich hundert Kindern Brot kaufen, wenn ich einmal damit anfange. Wir gehen also weiter und diskutieren darüber, ob Gemüse nicht eigentlich viel zu teuer ist. Natürlich, wieder einmal wird nur Tiefkühl-Chicken gekauft. Der kleine Junge folgt uns und wartet geduldig. Sollte ich nicht doch ... er scheint es wirklich zu brauchen. „Ok, my dear. I will buy you some bread. How much is it?“ Statt zu reden zeigt er mir nur fünf Finger. Fünf Dollar. An der Kasse gebe ich ihm das Geld  und warte, bis er das Brot auch wirklich gekauft hat. Den Versuch, dieses wegzulegen und mit dem Geld zu verschwinden, gibt er etwas erschrocken auf, als er sieht, dass ich ihn beobachte. Als er den Laden verlässt, winkt er mir lächelnd zu. Er ist nicht alleine, sein Kumpel hat sich nun seine Beute geschnappt. Plötzlich steht an jeder Regalreihe ein Kind mit Brot. Sehe ich aus, als hätte ich zu viel Geld? Ich kann es den Jungs nicht übel nehmen, denn sie haben nur gelernt, für sich selbst zu sorgen. Zugegebenermaßen stellen sie sich dabei wirklich geschickt an.
Wir beenden endlich unsere Diskussion über die Vereinbarkeit von guter Ernährung und knappem Budget, ein Security schiebt uns einen Einkaufswagen zu, als er sieht, wie wir zarten Mädchen den schweren Korb schleppen... Wir stellen uns an der Kasse an. Nachdem wir uns mit der Kassiererin ausführlich über unser Befinden ausgetauscht haben („How are you?“ „Fine. How are you?“) und bezahlt haben, werden uns unsere sorgfältig in Tüten gepackten Einkäufe in die Hand gegeben. Von einer Dame, die den ganzen Tag nichts anderes tut. Am Ausgang weisen wir den Securitys unsere Kassenzettel vor, die sie nach einem Blick in die Tüten unterschreiben. Gut, dass wir damit nun die Erlaubnis haben, diesen Supermarkt auch wieder zu verlassen. Vor dem Laden  sitzt das Brot-Kind und lacht mich an. Eine Gruppe Jugendlicher ruft uns „Hey girls!“ hinterher. Wir grüßen freundlich und gehen weiter.  Momentan hat keiner von uns Lust, in ein Gespräch verwickelt zu werden. Als Nächstes geht es zum „Markt“. An der Straße stehen dicht gedrängt einige Stände, an ausnahmslos allen werden Tomaten in allen Farben (weiß, gelb, grün, rot,...) verkauft. Wie diese Menschen davon leben können, ist mir ein Rätsel, denn all zu viel Umsatz werden sie auf diese Weise nicht machen. Aber „In Africa we share.“ So hat also jeder wenigstens etwas davon. Einige verkaufen zudem auch noch Zwiebeln oder Orangen. Wir wählen also zufällig einen der Stände aus, denn auch die Preise sind überall gleich, und kaufen ein paar Tomaten. Wir haben uns für die Roten entschieden. Alle anderen Verkäufer wollen nun auch noch etwas an uns loswerden, leider haben wir aber kein Geld mehr. Und auch genug Tomaten. Wir machen uns also auf dem Heimweg.

Freitag, 8. Oktober 2010

You must run with us...

Was ich immer wieder besonders schön finde, ist die Begeisterung, mit der manche Kinder Musik machen. Es ist unglaublich, was einige für einen Ehrgeiz haben und wie konzentriert sie eine Stunde lang Klavier üben können. Eine Klavierschülerin, die vor drei Wochen bei mir angefangen hat zu spielen, vergisst dabei immer alles um sich herum, weil sie so versunken ins Spielen ist. Und weil sie unbedingt alles perfekt richtig machen will, fängt sie bei jedem falschen Ton, den sie erschrocken mit „Oh“ kommentiert, wieder von vorne an. Gestern hat ein etwa 9-Jähriger, mit dem ich eigentlich Gitarre spielen wollte, das Klavier für sich entdeckt und war für die nächsten anderthalb Stunden nicht mehr von dort wegzukriegen. Bis dahin hatte er wohl Keyboard-Unterricht. (was natürlich bei weitem nicht so toll ist!) Anstatt Gitarre haben wir dann also vierhändig Klavier gespielt und es war so herrlich, dabei sein strahlendes Gesicht zu sehen. Heute kam er übrigens wieder, um einfach nur Klavier zu spielen. Da konnte ich einfach nicht nein sagen.

Herrlich ist auch, dass wir jeden Tag nach dem Unterricht von einer Gruppe Jungs, alle zwischen 10 und 15, nach Hause begleitet werden. Heute haben wir dann noch eine Stunde auf der Straße Wettrennen und Armdrücken gespielt. „Miss Maleika, you must run with us!“ -Ooookay. Natürlich wurde barfuß gerannt und natürlich habe ich kläglich verloren, denn die sind unheimlich schnell. Beim Armdrücken habe ich sie dafür alle fertig gemacht, was sie mir nicht ganz verzeihen konnten.
Natürlich werden diese Jungs uns alle eines Tages in Deutschland besuchen. Das ist doch ganz klar, die große Reise ist schon fest geplant. Es träumt hier wohl ausnahmslos jeder davon, eines Tages nach Europa zu reisen. „I want to visit you and see your country!“ Ja, was soll man darauf sagen? Wohl kaum, dass die Wahrscheinlichkeit, dass einer von ihnen jemals nach Deutschland kommen wird, sehr gering ist. Auch wenn das leider die Wahrheit ist. Es ist so ungerecht, dass ich einfach so hierher kommen konnte, ohne viel dafür zu tun.

Es ist immer wieder beeindruckend, wie selbstständig und lebenstüchtig viele Kinder sind. Gestern haben sie mir erklärt, wie ich meine Tasche lieber nicht tragen sollte, da man sie mir sehr leicht stehlen könnte. Zur Demonstration hat mir einer meine Trinkflasche entwendet, ohne dass ich das Geringste mitbekommen hätte. Geschickt sind sie wirklich. Da kann ich wohl noch etwas von ihnen lernen. Gut, dass ich nun auch keinen Selbstverteidigungskurs mehr brauche, denn auch den bekomme ich so kostenlos.^^ „You must hold you hands like that, so I cannot hit you.“ Na, ein Glück dass ich das jetzt auch weiß.
Was noch ansteht ist wohl das Fahrradrennen... jedoch habe ich dabei irgendwie Bedenken, da keines der klapprigen Räder, die einige wenige Kinder besitzen, über funktionierende Bremsen verfügt.

Montag, 4. Oktober 2010

Unheimlich wichtige Details...

Da von gewissen Personen Beschwerden eingingen, von wegen ich würde hier zu selten was schreiben und mein Blog ließe zu viele Fragen offen, werde ich dem nun versuchen entgegenzuwirken. Ich werde hier nun also ein paar unwesentliche Details meines bisherigen Namibiaaufenthalts preisgeben.

1. Essen: Man isst hier tendenziell eher ziemlich ungesund. Weißes Toastbrot ist hier das einzige Brot, das es gibt. So etwas wie Vollkornbrot, Schwarzbrot oder so kennt man nicht. Manche lassen beim Toast sogar noch die Rinde übrig. Unklar. Ansonsten wird unheimlich viel Fleisch, meistens Chicken gegessen. Gemüse ist eher selten und auch sehr teuer. Salat mögen die Meisten nicht, wieso isst man auch Blätter? Wir sind doch keine Kühe! -Das ist allerdings wahr. Das Fleisch isst man mit Nudeln oder Mahango -einem Brei aus Mahango-Mais-Mehl, den man mit den Fingern isst. Überhaupt wird relativ wenig Besteck benutzt. Und ich muss sagen, mit den Fingern essen hat schon was. McDonalds-Ersatz ist übrigens auch da und nennt sich Hungry Lion. Die Burger sind allerdings komisch. 

Diese Raupen, knusprig gebraten zubereitet, sind angeblich zum Verzehr geeignet.
Name: bereits vergessen - Geschmack: unvergesslich

2. Zu den bösen wilden Tieren hier...Wer glaubt, die Elefanten laufen hier auf der Straße rum und die Löwen schleichen nachsts ums Haus, den muss ich leider enttäuschen. Ein paar Paviane haben wir auf der Fahrt von Windhoek hierher gesehen. Antilopen auch. Abgesehen davon gibt es unheimlich viele schöne Schmetterlinge, Mücken und einige Kakalaken. Eine wichtige Rolle spielen auch die Hühner, die vor meinem Fenster unheimlich laut sind. Jeden morgen um vier kräht der Hahn. Dass hier die meisten Handys einen Klingelton haben, der von dem Gackern echt er Hühner nicht zu unterscheiden ist, verwirrt mich nach wie vor.

3. Language things: Man spricht hier ein Englisch, das man mit Schulenglisch-Kenntnissen schwer verstehen kann, da zum Beispiel zwischen „L“ und „R“ kein Unterschied zu hören ist. Auch sonst ist der Akzent mit einiger Konzentration aber auch halbwegs zu verstehen. Auf Gramatik darf man allerdings keinen Wert legen, jedem Englischlehrer würden die Haare zu Berge stehen. She don´t want... und sowas. Nono, it´s not going.
Ansonsten spricht man vor allem Oshivambo, eine Lehrerin gitb uns seit heute Sprachunterricht. Wenige sprechen auch Damara -das mit den Klicklauten. Erstaunlich viele Leute können auch ein paar Fetzen Deutsch, plötzlich fragt dich jemand unvermittelt „Hallo, wie geht’s?“  Und als wäre das nicht schon genug Verwirrung lerne ich nun ausgerechnet in Namibia Schwitzerdütsch, was schon verrückt ist. Wenn Ronja und Gianna, die beiden Schweizerinnen sich unterhalten stelle ich immer wieder fest, was für eine lustige Sprache das ist. Chuchichästli und Schnäpsli... und Pröstli!  -ich lerne die wichtigsten Vokabeln.

3. Das Wetter: Diesen Punkt kann ich kurz halten. Ich wache morgens auf und die Sonne scheint. Jeden Tag. Wolken scheint es jedoch ab und zu auch einmal zu geben. Bis jetzt habe ich das einmal erlebt. Die Hitze ist im Moment um die Mittagszeit kaum auszuhalten, doch der September soll der heißeste Monat des Jahres sein. Das will ich auch hoffen.

4. Sonstiges: Inzwischen habe ich den eindeutigen Beweis dafür, dass es völlig überflüssig ist, Schuhe zu tragen. Neulich lief ich mit Schuhen die Straße entlang, trat versehentlich in einen riesigen Stachel, der sich ohne weiteres ganz durch meine Schuhsohle und einen Teil meines Fußes bohrte. Die Schuhe hätte ich mir also auch sparen können.
Leider wird man hier von Mücken aufgefressen, heute habe ich doch tatsächlich ein fürchterlich neonblaues Moskitonetz über meinem Bett aufgehängt. So kann ich wenigstens in Ruhe schlafen. Denn als bei der heutigen Saubermach- und Umräum- Aktion meines Zimmers schätzungsweise 30 bis 50 Mücken in allen Ecken zum Vorschein kamen, musste ich mein Ziel, diese alle umzubringen leider aufgeben.

So, das reicht erstmal an Details. Mwa tokelwapo!

Montag, 27. September 2010

Hello again...

Es ist wohl an der Zeit, endlich mal wieder was zu schreiben und euch ein bisschen von dem zu erzählen, was ich hier so mache. Irgendwie ist hier immer eine Menge los und immer viel zu tun, sodass ich kaum zum schreiben komme. Insgesamt kann man aber sagen: I´m fine. (Was ich hier schätzungsweise zwanzig Mal täglich wiederhole, da jeder jeden bei jeder Gelegenheit fragt:"How are you?" Sogar die Kassiererin im Supermarkt.)

Inzwischen bin ich auch umgezogen und wohne jetzt bei einer Gastfamilie in einem gemütlichen kleinen Zimmer, das ich im Moment noch für einige Tage mit Johanna, meiner Vorgängerin teile. Da die Familie insgesamt drei Kinder hat (davon ein eigenes, die anderen Kinder von Verwandten) ist also immer etwas los. Außerdem wohnen hier noch zwei Mädchen aus der Schweiz, die hier für drei Monate im APC arbeiten. 

Inamu, meine "Gastschwester" letzte Woche, an ihrem dritten Geburtstag

Ansonsten bin ich eigentlich hauptsächlich im APC beschäftigt, wo ich meistens von morgens um 8 bis abends 18 Uhr arbeite. Es ist verrückt, wie man schon nach so kurzer Zeit hier völlig eingespannt ist und das alles so etwas wie Alltag wird. Mein Stundenplan für die Woche ist inzwischen ziemlich voll und es kommen trotzdem immer wieder neue Schüler dazu, die noch irgendwie untergebracht werden müssen. (Das bedeutet aber nicht, dass ich den ganzen Tag volles Programm habe, denn manche Schüler erscheinen einfach nicht zu ihrer Stunde. In solchen Fällen habe ich dann eben ein bisschen mehr Freizeit, was auch ganz schön ist.) Ich hätte niemals gedacht, dass ich tatsächlich gleich anfangen würde, Geigen- und vor allem Gitarrenunterricht zu geben, aber erstaunlicherweise ist das gar kein Problem. Inzwischen habe ich sogar einen eigenen Unterrichtsraum (verbringe also nicht mehr den Großteil der Stunde damit, einen Platz zum unterrichten zu suchen). Dieser ist zwar fast komplett leer (bis auf die Bilder, mit denen ich heute die Wände behängt habe), hat aber eine schöne Akustik und ist jetzt sogar mit einem E-Piano ausgestattet. Die Schüler nennen mich Miss Maleika, was echt herrlich ist. "Mareike" kann man hier nicht aussprechen.

Samstag war im APC ein Großereignis: der Violin day, der von Johanna und uns anderen vier Freiwilligen organisiert wurde. Es begann morgens mit einem Frühstück, dann gab es den Tag über "Geigenorchester"-Proben, einzelne Stimmproben, zwischendrin Pausen, Spiele und natürlich Essen.

Gute Stimmung beim Violin Day
 Abends war dann das Abschlusskonzert, wo wir unsere Ergebnisse präsentieren konnten. Es war schon überwältigend, den Pachelbelkanon auf der Bühne mit 20 Kindern zu spielen, die konzentrierten oder einfach strahlenden Gesichter zu sehen... Im Grunde klang es unheimlich schief, aber die Begeisterung machte das wieder wett, das machte also in dem Moment gar nichts.
Auch andere Gruppen des APCs traten bei dem Konzert auf, vor allem die Tanzgruppen waren richtig toll. Afrikanischer Tanz und etwas HipHop-ähnliches. Ich war beeindruckt, wie gut die Kinder tanzen können und an dem Vorurteil, Afrikaner können viel besser tanzen als wir Europäer, scheint wohl doch etwas dran zu sein. In vielen Fällen trifft das jedenfalls zu. 
Ich war also den ganzen Samstag lang voll beschäftigt und brauchte den gestrigen Tag wirklich zum Entspannen. Es ist schon herrlich, auch einfach mal nichts zu tun. Freizeitbeschäftigungen gibt es hier eher weniger und wenn ich nicht so viel zu tun hätte, würde ich mich sicher langweilen. Man kann allerdings für 50N$ (also 5€!) in einem 50m-Becken schwimmen, welches eigentlich zu einem Hotel gehört. Das ist trotz des furchtbaren Preises ziemlich schön, und da waren wir also gestern Nachmittag. Nur fühlt man sich seltsam dabei, wenn man vor der Tür noch von Kindern nach Geld gefragt wird...da weiß ich nie so richtig, wie ich damit umgehen soll.

So, genug erzählt. ^^ Viele Grüße nach Deutschland (oder wohin auch immer)!