Samstag, 23. Oktober 2010

Kinder, Kinder...

Nachdem ich jetzt schon über einen Monat lang meine ersten Erfahrungen als Musiklehrerin gesammelt habe, stelle ich zugegebenermaßen fest, dass es mir immer besser gefällt. Es gibt immer wieder Stunden, die wirklich Spaß machen und nach denen ich das Gefühl habe, nicht umsonst hier zu sein. Gegenteilige Erfahrungen gibt es auch immer wieder. (Wobei ich den Verdacht, dass es völlig sinnlos ist, irgendwem etwas beibringen zu wollen mit der Zeit immer seltener habe.)
Natürlich habe ich nicht nur interessierte und aufmerksame Schüler, die regelmäßig üben. Nein, eigentlich ist es eher eine Seltenheit, dass jemand für den Unterricht übt. Dieser hat demzufolge dann eher den Charakter einer betreuten Übestunde, woran ich mich nicht ganz gewöhnen kann. Mit gutem Zureden erreicht man eventuell aber früher oder später eine Besserung. Möglichkeit zwei wäre die Einführung strengerer Maßnahmen, was ich allerdings zu vermeiden versuche.
Es gibt jedoch auch immer wieder Schüler, die so regelmäßig üben, dass ich schwer beeindruckt bin. Ein kleines Mädchen, das gerade angefangen hat, Klavier zu lernen, kommt jeden Tag zu mir, um die Noten zu holen: „Teacher, I want to practice.“ Dabei gibt es nur ein fürchterliches Keyboard zum auf dem sie spielen darf. Ein frecher Junge, den man sonst eigentlich nur Fußballspielen oder Blödsinn machen sieht, so ein richtiger böser Bube, kommt täglich um Geige zu üben. Einfach herrlich.

Coole Jungs-Gang... Geigenschüler

Dass niemand für den Unterricht Geld bezahlen muss, das merkt man in gewissen Momenten jedoch sehr deutlich. Inzwischen habe ich es schon mehrmals erlebt, dass jemand plötzlich einfach in der Tür stand und ohne jegliche Vorwarnung meinte: „When can I start with piano lessons?“ oder: „You must teach me violin.“. -Moment mal, hast du mich eigentlich überhaupt gefragt, ob ich dich unterrichten möchte? Oder ob ich noch Zeit habe für neue Schüler? Nein, dass ein Lehrer auch nur ein Mensch ist, daran hatte keiner gedacht. Und dass man vielleicht lieber erst einmal vorsichtig fragt, statt einfach irgendwelche Forderungen zu stellen, auf die Idee kamen diese Kinder auch nicht. Fairerweise muss ich hier aber dazu sagen, dass längst nicht alle Schüler derart unfreundlich waren, es handelt sich hier eher um Einzelfälle. In Anbetracht des Prozentsatzes der Freistunden, die ich habe, weil Kinder einfach nicht zur Stunde erscheinen, kann hier jedoch nicht mehr die Rede von Einzelfällen sein. Manchmal wird es einfach vergessen, dann war in der Schule ein Sporttag, „math extra classes“, vielleicht ging es dem Schüler auch nicht gut oder die Mutter hat ihn gerade zum Einkaufen geschickt. Auch hier sieht man deutlich, dass der Unterricht kostenlos ist. Ansonsten kämen solche Dinge wohl nicht in der Häufigkeit vor. Man darf das auf keinen Fall persönlich nehmen, denn mit dem Lehrer hat das nicht viel zu tun. Dass dieser sich vorbereitet hat und wartet, dessen ist man sich wohl nicht bewusst. Was mich aber immer wieder beeindruckt ist die Tatsache, dass es wirklich Schüler gibt, die sich im Voraus entschuldigen. „Teacher, I came to apologize for the lesson today.“ Mitunter kommt jemand einzig und allein zum APC, um mir mitzuteilen, dass er heute aus irgendeinem Grund nicht da sein kann, um sich danach beeilen zu müssen, rechtzeitig zum Konfirmandenunterricht oder in der Schule zu sein. Das hat wirklich Stil. Und noch etwas zum Thema Stil: Wo erlebt man es schon mal, dass sich ein Schüler für die Stunde bedankt? Auf diese Idee bin ich selbst nie gekommen, warum eigentlich nicht? Jedenfalls bekam ich, als ich heute nach einer schönen aber fürchterlich anstrengenden Stunde Gruppenunterricht völlig erledigt war gleich von zwei Kindern zu hören: „Thank you for the lesson, teacher.“ Damit hätte ich nicht gerechnet. Aber allein dafür hat es sich gelohnt.

Nein, wir sind nicht zu schüchtern fürs Foto...

Die Generalprobe für das abendliche Konzert war heute Nachmittag auch eine herrliche Sache. Nachdem wir allen Kindern eingebläut hatten, bloß pünktlich um 12 Uhr zu erscheinen und andernfalls damit gedroht hatten, Zu-spät-kommer nicht auftreten zu lassen, dauerte es eine geschlagene Stunde bis dann tatsächlich alle da und bereit waren. Es ging also gegen 13Uhr los. Und wer jetzt glaubt, dass wir, wie man es bei einer Generalprobe erwartet, das Programm von vorne bis hinten einmal durchgespielt haben, der macht sich völlig falsche Vorstellungen. Schließlich kann man doch nicht verlangen, dass die Technik gleich einfach so funktioniert, die Mikrofone sich einfach so anschalten lassen oder gar dass das Programm so, wie es auf dem Zettel steht vielleicht richtig ist. (Immerhin hat man mich für ein Solo-Geigenstück eingetragen, das war wohl ein Missverständnis!) Es dauerte also eine Weile, bis man auf die Idee kam, das Mikrofon, das inzwischen sogar funktionierte, vor die Instrumente zu halten, damit das Publikum auch etwas hört. Insgesamt dauerte das ganze Theater drei Stunden, inzwischen hatten alle Hunger und waren ziemlich fertig vom langen herumsitzen und warten, was in der Hitze tatsächlich nicht angenehm ist. Ehrlich gesagt bin ich ziemlich erstaunt, keinen Sonnenbrand davongetragen zu haben.
Beeindruckt war ich dennoch von dem Konzertprogramm, in dem so manche Talente zum Vorschein kamen, von denen ich nichts geahnt hatte. Absoluter Höhepunkt sind nach wie vor die Tanzgruppen. Jedenfalls bin ich gespannt auf heute Abend.

1 Kommentar:

  1. Liebe Mareike,

    ich bin sehr interessiert an deinem Auslandsaufenthalt. Ich habe über den Pastor Johannes Burgard von deinem Aufenthalt erfahren und würde gerne etwas ähnliches machen. Leider habe ich keine E-Mail Adresse von dir.
    Soll ich mich an das APC direkt wenden?

    Liebe Grüße,
    Laura

    AntwortenLöschen