Montag, 18. Oktober 2010

Morgenrituale...

Nach über einem Monat hier stellt sich sehr langsam so etwas wie ein Alltagsgefühl ein. Natürlich gleicht kein Tag dem anderen und selten läuft etwas wie geplant. Eigentlich passiert immer irgendetwas Unvorhergesehenes, das alle Organisation umwirft. Dennoch gibt es gewisse Dinge, auf deren Regelmäßigkeit man sich verlassen kann und an denen sich in absehbarer Zeit wohl nicht viel ändern wird.
So kräht zum Beispiel jeden morgen 4.40 Uhr der Hahn auf dem Nachbargrundstück. Mittlerweile nehme ich das im Halbschlaf zur Kenntnis, um mich dann im Bett noch einmal umzudrehen. Dass mir dieses Tier nicht länger den Schlaf raubt ist auch zum großen Teil den Ohropax zu verdanken, die ich mir notgedrungen zugelegt habe. Gegen 7 Uhr klingelt dann mein Wecker, den ich jedoch aus offensichtlichen Gründen ebenfalls regelmäßig überhöre. Zehn bis zwanzig Minuten später springe ich erschrocken aus dem Bett, stelle fest, dass ich mich zuerst aus dem Moskitonetz befreien muss, gehe dann in Windeseile duschen und ärgere mich über die rosarote Pastellfarben-Beleuchtung im Badezimmer. Zum Frühstück gibt es Toast mit Marmelade sowie eine Tasse Roibostee, auch das wird sich wohl innerhalb dieses Jahres nicht ändern. Ich schlinge dieses hektisch herunter, während ich meine Tasche packe, dann Zähne putze und mich natürlich wieder einmal viel zu spät auf den Weg Richtung APC mache. Bevor ich mein Zimmer verlasse, schließe ich jedoch noch die Gardinen und verstecke meinen Laptop so, dass man ihn als Eindringling möglichst nicht gleich findet. Reine Vorsichtsmaßnahme. Mit etwas Glück erwische ich Ronja und Gianna noch und wir laufen gemeinsam. Daran, an welcher Stelle man den selben Menschen begegnet, können wir ablesen, wie spät wir genau dran sind. Wir grüßen alle Entgegenkommenden und beobachten die Reaktion um so auf die jeweilige Tageslaune zu schließen. Am APC üben wir die Begrüßung auf Oshivambo, tauschen uns mit allen Lehrern über unser Befinden aus „How are you?“ -„Fine.“ bzw. „Ongeipi?“ -“Onawa.“, dann geht jeder an seine Arbeit. Ich schließe also meinen Unterrichtsraum auf, wo mir sofort stickige Luft entgegenschlägt. Also werden zuerst alle vergitterten Fenster aufgerissen, bevor ich das E-Piano, welches, da sonst viel zu niedrig, auf vier Ziegelsteinen steht, von seinem Staubschutz in Form einer Air-Berlin-Decke befreie. Natürlich ist die Tastatur auch heute wieder verklebt und eingestaubt, was mir nach wie vor ein Rätsel ist. Ich putze also alle 88 Tasten, bevor ich den Tag mit einem Klavierstück beginne.

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