Mit riesengroßen Schritten geht meine Zeit hier in Tsumeb
nun plötzlich dem Ende entgegen und eh ich es so ganz begriffen habe, werde ich
wohl schon wieder im Flugzeug gen Heimat sitzen. Das was man so Zeitgefühl
nennt, ist schon etwas sehr Seltsames, auf das man sich nicht verlassen sollte:
Die ersten Monate hier zogen sich ewig hin, sodass die Vermutung nahe lag, ein
Jahr sei eine ganze Menge. Nun aber kommt es mir im Rückblick lächerlich wenig
vor und plötzlich fallen mir so viele Sachen ein, die ich in dieser Zeit
versäumt habe und doch noch dringend tun wollte… Um zum Beispiel all die
interessanten Orte des Landes zu sehen, die ich noch gerne bereisen würde, muss
ich wohl eines Tages mit etwas mehr Freizeit und finanziellen Mitteln
wiederkommen. Bei allen, die noch keine Postkarte von mir bekommen haben, muss ich mich an dieser Stelle entschuldigen...nehmt es nicht persönlich! Auch wollte ich doch noch so vieles aus meinem „namibischen Leben“
(-ja, es kommt mir tatsächlich vor wie ein ganz anderes Leben, das mit meinem
in Deutschland wenig zu tun hat-) aufschreiben…
Ein ganz besonderes Phänomen in diesem Land habe ich am
letzten Wochenende miterleben dürfen: den Karneval, der hier statt im Februar
einfach im August gefeiert wird.
Zugegebenermaßen habe ich in meinem Leben noch
keinen richtigen Karneval gesehen, umso verrückter dass ich zu diesem Zweck
erst nach Namibia gehen musste. Offensichtlich konnten sich die Einwanderer aus
Deutschland wohl einfach nicht von dieser Tradition trennen und versuchen nun
seit vielen Jahren, hier originalgetreu bis ins kleinste Detail einen deutschen
Karneval zu imitieren. Was dabei herauskommt, ist eine etwas grotesk anmutende
Veranstaltung:
„Und kommt
ganz Afrika auch zu Fall,
In Namibia feiern wir trotzdem Karneval!“
Dieses Motto las ich auf einem der bunt bemalten Wagen des
Karnevalsumzuges, an welchem wir als APC auch teilnahmen. Während alle anderen
Gruppen ausschließlich aus Weißen bestanden, die in seltsamen Anzügen und mit
Federhüten oder ähnlichem rufend und trinkend zu deutscher Volksmusik dem
Publikum zuwinkten, fielen wir etwas aus der Reihe: Erst einmal fiel auf, dass
ich die einzige Weiße war, zudem trugen die Marimba-Spieler bunte bedruckte Kostüme,
unsere Musik ging in dem Lärm etwas unter, doch war sie jedenfalls alles andere
als deutsch. Und hinter dem Wagen her tanzte eine Gruppe Mädchen barfuß in
glitzernden Röckchen her. Im Kontrast zu den marschierenden deutschen Mädels in
grün-weißen Kostümen mit weißen Stiefeln…
Unsere Prozession bewegte sich zwei Runden durch die Stadt,
überall standen Menschen und winkten. Alkohol darf in Namibia nicht auf offener
Straße getrunken werden, unter anderem deshalb lief das ganze wohl etwas
gemäßigter ab, als das sonst der Fall gewesen wäre. Das dauerte etwa 2 Stunden,
dann war die Veranstaltung im Grunde schon beendet. Für unsere
Orchesteraufführung, die anschließend im Park stattfand, interessierten sich
nur noch sehr wenige. Alles in allem: Es war ein Erlebnis. Vielleicht sollte
ich nur so zum Vergleich doch einmal einen original deutschen Karneval
besuchen.
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